Christopher Herwig, Bus stops from the Union of Soviet Socialist Republics
Wer in den ehemaligen Ländern der Sowjetunion mit dem Auto über Land fährt, dem fallen am Strassenrand manchmal skurrile Häuschen und Skulpturen auf. Es sind Bushaltestellen aus einer Epoche der Sowjetunion, in der ein Fortschrittsglaube herrschte und sich dieser auf alle Bereiche des Lebens niederschlug. Es entstanden neue Städte und die ganze Infrastruktur wurde ausgebaut. Autos waren ein Luxus, aber der öffentliche Verkehr war gut ausgebaut. Bahnhöfe, U-Bahn-Stationen und Bushaltestellen waren öffentliche Bauten, die nicht nur dem Zweck des Wartens auf den nächsten Zug und Bus dienten, sondern auch ein Zeichen des Fortschritts sein sollten. Nicht selten findet man Mosaiks und Reliefs in den Haltestellen, welche die glorreiche Zukunft und die Überlegenheit des kommunistischen Systems verkünden. Vor allem bei den Bushaltestellen wurde die Kunst ein integraler Bestandteil der Gestaltung. Manche Haltestellen sind sogar mehr Skulptur als Schutzbehausung. Der Entwurf einer Bushaltestelle war für Architekturabsolventen oft die erste Möglichkeit, ein eigenes, gestaltetes Gebäude zu planen und zu bauen. Natürlich gab es auch Standard-Haltestellen, aber es scheint, dass individuelle Lösungen erwünscht waren, gerade weil die Haltestellen Treffpunkte waren und man da die Menschen mit politischen Inhalten und entsprechender Gestaltung erreichen konnte. Einge der Haltestellen sind eher Minimal Art, andere erinnern an Fabelwesen.
Christopher Herwigs fotografische Dokumentation der Bushaltestellen der ehemaligen Sowjetunion gibt einen Einblick in den Reichtum der Gestaltung dieser Zweckbauten und widerlegt das Vorurteil der Uniformität und Tristesse der kommunistischen Architektur.
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